Rechtswidriges Zukunftsversprechen zu Klimaneutralität: Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klimaklage gegen Adidas
Berlin (ots)
- Klageerfolg der DUH: Adidas darf nicht mehr wie bisher mit der Aussage zu zukünftiger Klimaneutralität werben
- Sportartikel-Weltkonzern Adidas sagt nicht, wie man das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2050 erreichen will
- Für glaubwürdige und nachvollziehbare grüne Zukunftsversprechen von Unternehmen: DUH fordert von der neuen Bundesregierung klare Regeln und Geldbußen bei Verbrauchertäuschungen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat eine Verurteilung der adidas AG wegen irreführender Werbung vor Gericht erwirkt (Az.: 3 HK O 6524/24). Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat das Unternehmen durch Urteil vom gestrigen Tag dazu verpflichtet, nicht mehr mit folgender Aussage und den dazu gemachten Erläuterungen zu werben: "Bis zum Jahr 2050 werden wir klimaneutral sein: Adidas verpflichtet sich zu einer Reihe ehrgeiziger Ziele, die den Weg zu Klimaneutralität entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette 2050 ebnen werden."
Wie dieses Ziel konkret über das Jahr 2030 hinaus erreicht werden soll und ob dabei auch Klimakompensationsmaßnahmen eingesetzt werden, hat Adidas jedoch nicht erklärt. Auch in der gerichtlichen Verhandlung blieb Adidas dafür eine nachvollziehbare Erklärung schuldig.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Adidas hat seine Kunden mit seinem Versprechen einer angeblichen Klimaneutralität getäuscht. Dabei ist entscheidend, ob und in welchem Umfang das Unternehmen tatsächlich seine Produkte beziehungsweise sein unternehmerisches Handeln klimaverträglicher ausrichtet. Dies hat Adidas nicht ausreichend dargelegt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Ziel vor allem durch Kompensationsprojekte erreicht werden soll - also modernen Ablasshandel über unregulierte Zertifikate. Kompensation ist nicht gleichwertig mit der Vermeidung von CO2-Emissionen, um Klimaneutralität zu erreichen. Die Niederlage von Adidas vor Gericht unterstreicht, wie wichtig klare und transparente Zukunftsversprechen sind. Die Klimakrise ist in vollem Gange und dennoch werben immer mehr Unternehmen mit intransparenten und unglaubwürdigen Zukunftsversprechen. Deshalb brauchen wir klare gesetzliche Vorgaben. Dazu gehören Transparenzpflichten, die Offenlegung von Umsetzungsplänen und unabhängige Prüfstellen, die die Einhaltung der Zwischenziele kontrollieren. Sonst bleiben Zukunftsversprechen heiße Luft."
Agnes Sauter, Leiterin ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung: "Unternehmen, die ankündigen, ihre Produkte oder Dienstleistungen in den nächsten Jahrzehnten 'CO2- oder klimaneutral' anzubieten, verschaffen sich schon heute einen grünen Anstrich. Sie vermitteln den Eindruck, nachhaltig und verantwortungsvoll für eine lebenswerte Zukunft zu agieren - meist steckt dahinter jedoch nicht mehr als dreiste Verbrauchertäuschung. Notwendige Maßnahmen zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes werden vage formuliert und sind im Hier und Jetzt nicht oder nur schwer überprüfbar. Solche Werbeaussagen müssen glaubwürdig begründet und für Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehbar dargestellt werden. Alles andere ist nach unserer Auffassung massives Greenwashing und muss umgehend unterbunden werden."
Hintergrund:
In den Urteilsgründen heißt es: "Nach vorgenannten Kriterien versteht ein erheblicher Teil der Verbraucher die beanstandete Aussage in dem Sinne, dass die Beklagte die Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 allein durch Emissionsreduzierungen ohne Einsatz von CO2-Kompensationsmaßnahmen erreichen wird."
Und weiter: "Der Begriff 'klimaneutral' ist mehrdeutig und kann in dem Sinne verstanden werden, dass die Klimaneutralität durch Vermeidung eigener Emissionen erreicht wird. Auf Grund der Umweltschutzbezogenheit des Begriffs 'klimaneutral' hat der Verbraucher ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis über Bedeutung und Inhalt dieses Begriffs und es sind an die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise strenge Anforderungen zu stellen. Die Beklagte hat in der angegriffenen Äußerung nicht unmittelbar klargestellt, dass sie die Klimaneutralität auch mittels CO2-Kompensationsmaßnahmen, d.h. insbesondere dem Erwerb von Grünstromzertifikaten erreichen will. Deswegen hat sie den strengen Anforderungen an die Aufklärungspflicht nicht hinreichend Rechnung getragen und die Werbeaussage ist in dem vorgenannten Sinne zu verstehen."
Sowie: "Die beanstandete Äußerung ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte und hat daher wettbewerbsrechtliche Relevanz. Denn der Klimaschutz ist für Verbraucher ein zunehmend wichtiges, nicht nur die Nachrichten, sondern auch den Alltag bestimmendes Thema. Und die Bewerbung eines Unternehmens oder seiner Produkte mit einer vermeintlichen Klimaneutralität kann daher erhebliche Bedeutung für die Kaufentscheidung haben. Das gilt gleichfalls für die behauptete Klimaneutralität in der Zukunft, da bereits durch eine solche Absichtserklärung oder Zusage das Verantwortungsbewusstsein des Unternehmens für die Umwelt oder das Klima herausgestellt wird."
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Agnes Sauter, Leiterin Ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung
0175 5724833, sauter@duh.de
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, presse@duh.de
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