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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Atomdebatte in der Union

Bielefeld (ots) -

Wer solche Parteifreunde hat, braucht keine
Feinde mehr. Weil Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) den 
Ausstieg aus der Kernkraft nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag 
verschieben will und als Zeitpunkt 2030 vorgeschlagen hat, wird er in
der Union angegiftet. Die Atomlobby reibt sich die Hände, 
Stromkonzerne machen auch die ältesten Reaktoren Neckarwestheim I und
Biblis A für eine Verlängerung der Laufzeiten fit, obwohl sie 
eigentlich bis 2022 vom Netz gehen sollten.
Röttgen presche vor und solle gefälligst das für Herbst vorgesehene 
neue schwarz-gelbe Energiekonzept abwarten, meckern seine Kritiker. 
Was für ein Unsinn! Es ist die Aufgabe eines Ministers, auf seinem 
Gebiet die Richtung vorzugeben. Röttgen handelte völlig richtig, als 
er seine Partei daran erinnerte, dass sie sich selbst den Ausstieg 
aus der Kernkraft verordnet hat und dieses Ziel nun verwässert zu 
werden droht.
In den Bundestagswahlkampf ging die Union mit der Aussage, bei der 
Atomkraft handele es sich um eine »Brückentechnologie«. Heißt im 
Klartext: Die Meiler werden nur solange gebraucht, bis erneuerbare 
Energien aus Wind, Wasser und Sonne deren Lücke ausfüllen können. Der
Ausstieg ist also beschlossene Sache und im Koalitionsvertrag mit der
FDP enthalten. Warum sich jetzt Parteifreunde gegen eine Zeitvorgabe 
wenden, hat nicht zuletzt scheinheilige Gründe. Beispiel Bayern: 
Umweltminister Markus Söder (CSU) will die Meiler fleißig 
weiterlaufen lassen, weicht aber gleichzeitig jeder 
Sicherheitsdebatte aus. Wenn sich doch die Zweifel an der 
Tauglichkeit Gorlebens als Atommüllendlager mehren, sollte da nicht 
nach Alternativen, auch in Bayern, gesucht werden? »Nein«, wiegelt 
Söder ab. Ein Endlager in Bayern will er nicht, weil das der 
Bevölkerung nicht gefiele und bei der nächsten Wahl Stimmen kosten 
könnte.
Schief ist die aktuelle Debatte über Atomkraft noch aus anderen 
Gründen. Es wird so getan, als stamme quasi sämtlicher Strom aus 
Kernkraftwerken. Tatsächlich sind es 23 Prozent. Die Förderung 
erneuerbarer Energien belaste die Stromkunden stark, klagen Unions- 
und FDP-Politiker. 8,5 Milliarden Euro müssen die Deutschen 2010 laut
Bundesumweltministerium wegen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
für Öko-Strom aufbringen. Stimmt, das ist viel Geld, aber sind Akw 
etwa günstig? Nein: In 60 Jahren kommen bei einem einzigen Meiler 
wegen hoher Versicherungskosten 70 Milliarden zusammen.
Nach glaubhaften Schätzungen kann allein die Windenergie dank neuer 
Anlagen auf dem Meer 2030 etwa 15 Prozent des deutschen Strombedarfs 
beisteuern. Solarenergie boomt und Projekte wie »Desertec« (Strom aus
der Wüste Afrikas) sind viel versprechend. Deshalb hat Norbert 
Röttgen mit dem Jahr 2030 einen realistischen Zeitpunkt für den 
Umstieg auf Ökoenergie genannt. Wer ihn dafür kritisiert, muss sich 
fragen lassen, ob ihm wirklich am Ausstieg aus der Kernkraft liegt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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