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WAZ: Wenn Schwarz-Gelb nicht kommt - Das Spiel mit Jamaika - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots) -

Was haben Jürgen Rüttgers und Jürgen Trittin
gemeinsam, abgesehen vom Vornamen? Während am Tag nach der Wahl die 
üblichen Verdächtigen die gewohnt einfallslosen Interpretationen 
darboten, ließen sich der schwarze und der grüne Jürgen etwas Neues 
einfallen: Sie spielten, noch vorsichtig tastend, aber doch deutlich,
mit einer neuen Bündnisoption, der schwarzen Ampel aus Union, FDP und
Grünen.
Es ist auf den ersten Blick leicht zu erklären, warum diese 
Konstellation keine Chance hat. Scheinbar soll hier zusammenfinden, 
was nicht zusammen gehört. Niemand ist sich so spinnefeind wie die 
Liberalen und die Grünen. Außerdem gibt es an der berüchtigten grünen
Basis einen ausgeprägt antibürgerlichen Reflex. Andererseits sind der
grüne und der schwarze Jürgen keine Spinner, sondern ausgebuffte 
Manager der Macht. Und wenn irgendjemand den Grünen eine andere 
Richtung weisen kann als Rot-Rot-Grün, dann wohl Trittin, der 
Bannerträger des linken Flügels.
Von Trittins Parteifreund Arndt Klocke, dem Chef der Grünen in 
NRW, stammt ein dazu passendes, ernüchterndes Zitat: "Von der 
Kommunalwahl geht kein Signal für Rot-Grün aus." In der Tat: Die SPD 
verlor am Super-Sonntag 2,3 Prozent, die Grünen gewannen 1,7 Prozent 
dazu. Ein Aufbruchsignal Richtung Landtagswahl im Mai sieht anders 
aus. Und da ist noch das Saarland. Sicher ist dort, Stand gestern, 
Rot-Rot-Grün die wahrscheinlichere Variante. Aber eine schwarze Ampel
wäre möglich. Ministerpräsident Peter Müller steht auf dem linken 
CDU-Flügel, wäre anders als etwa ein Roland Koch in Hessen, auch 
persönlich kein Hindernis für eine derartige Konstellation.
Sozio-Demografisches kommt dazu: Die Wähler der Grünen sind 
bürgerlich. Die Grünen sind die Partei der Besserverdienenden. Den 
Unterschied zwischen denjenigen, die sich für die Liberalen und 
anderen, die sich für die Grünen entscheiden, hat Claudia Roth 
treffend so beschrieben: "Bei uns macht der Apotheker 
Friedensarbeit." Jenseits taktischer Überlegungen: Rüttgers wie 
Trittin wissen, dass Rot-Grün und Schwarz-Gelb etwas Gestriges 
anhaftet. Es sind Konstellationen, die die Phantasie der Menschen 
wenig bewegen. Jamaika. Das klingt nach Sommer, Sonne, Usain Bolt.
Am Ende müssten sich alle entscheiden: Die CDU, ob sie den 
Merkel/von der Leyen-Weg der inneren Modernisierung weiter geht, die 
Grünen, ob sie ihren bürgerlichen Wählern in eine schwarze Ampel 
folgen und die FDP, ob sie mit den grünen Erzfeinden teilen will. 
Weshalb aber eine rote Ampel, für den SPD-Kanzlerkandidaten 
Frank-Walter Steinmeier die einzige Kanzleroption, funktionieren 
soll, eine schwarze Ampel hingegen nicht, mag verstehen, wer will.

Pressekontakt:

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Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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