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Lausitzer Rundschau: Demjanjuks Auslieferung in letzter Minute verschoben Späte, notwendige Justiz

Cottbus (ots) -

Der Fall des Ivan Demjanjuk, der sich nach seiner
Einwanderung in den USA den Vornamen John zulegte, gehört nicht in 
die Reihe der großen Verbrecher der Nazi-Zeit. Er war laut der 
Anklage einer von den Handlangern in den Todeskommandos des 
Völkermords. Viele, die solche Schuld auf sich geladen haben, sind in
den Jahrzehnten seit Kriegsende unbehelligt verstorben, und so 
mancher lebt heute noch unerkannt unter uns.
Erst spät hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Morde an den
europäischen Juden einer umfassenden strafrechtlichen Aufarbeitung 
bedürfen. Noch zwanzig, dreißig Jahre nach Kriegsende im Jahr 1945 
wurde den meisten Tätern ihre untergeordnete Stellung zugute 
gehalten, bis dann die Wissenschaft ein klareres Bild vom Ablauf der 
Verbrechen und der Verantwortung aller Beteiligter zeichnen konnte. 
Und die USA haben fast dreißig Jahre gebraucht, bis sie endlich 
begannen, ihre Nachkriegseinwanderer zu überprüfen.
Demjanjuk hat zunächst von solchen Zögerlichkeiten profitiert. Ein 
erstes Verfahren in Israel endete nach sechs Jahren Haft mit der 
Aufhebung seines Todesurteils, weil ihm Taten zugeordnet waren, die 
ein anderer begangen hatte. Dem folgte dort eine erregte öffentliche 
Debatte, zumal mittlerweile schon die neuen Vorwürfe bekannt geworden
waren, nach denen er sehr wohl an Mordtaten beteiligt war. Aber das 
Oberste Gericht entschied, dass er nur für solche verurteilt hätte 
werden könne, die zu seiner Auslieferung aus den USA geführt hatten, 
und schickte ihn zurück. Andere mussten handeln.
Was jetzt nach Meinung der deutschen Ankläger feststeht, ist 
Demjanjuks Beteiligung am dunkelsten Kapitel der 
Menschheitsgeschichte, dem grausamen Geschehen in dem 
Vernichtungslager Sobibor. Tausende, die dort vor mehr als sechzig 
Jahren ankamen und in Stundenfrist starben, waren Kinder, jünger als 
jener Demjanjuk, der heute 89 Jahre alt ist.
Überlebende von Sobibor und Angehörige der Opfer sehen in dem 
deutschen Vorgehen gegen den Mann aus dem US-Bundesstaat Ohio die 
letzte Chance dafür, dass die Gerechtigkeit siegt. Der Fall Demjanjuk
zeugt auch von dem Vertrauen in ein anderes Deutschland, das sich 
seiner geschichtlichen Verantwortung stellt. Es wäre gut, wenn er 
bald in München landet. Seite 6

Pressekontakt:

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Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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